In the Black (ehemals Starfighter Inc.) ist eine voll auf Realismus getrimmte Weltraumsimulation mit VR-Unterstützung. Hier ist unser Interview mit dem super-sympatischen Industrie-Veteranen über das Spiel, das er immer machen wollte.

Wer sein Raumschiff minutenlang beschleunigt, muss auch genauso lange wieder bremsen. So wollen es die Physik – und David Wessman. Für den Industrie-Veteranen ist In the Black die Erfüllung eines Traums. Der Mann mit Klassikern wie X-Wing und TIE Fighter in seinem Lebenslauf hat 2017 über Kickstarter eine superrealistische Weltraumsimulation auf den Weg gebracht. Was sein Game von anderen unterscheidet, warum Starfighter Inc. jetzt In the Black heißt und wie es um die VR-Unterstützung steht, lest (oder hört) ihr in unserem Interview.

Das ungekürzte (englischsprachige) Gespräch mit David könnt ihr auch hier nachhören.


Godoculus: Deine Lieblings-Weltraum-Simulation?

David: In the Black!

Davor…

Davor X-Wing vs. T-Fighter wegen des Multiplayer-Modus. T-Fighter wegen der Tiefe der Kampagne und den Story-Elementen. Allerdings hatte X-Wing Alliance das am meisten beeindruckende Feature-Set…

Kannst Du In the Black in ein paar Sätzen beschreiben?

VR Cover

Als „Aufzugs-Pitch“ könnte man sagen: Es ist „Counter-Strike trifft World of Warships im Weltraum“. Für mich persönlich ist es das Spiel, das ich immer machen wollte. Ich habe die X-Wing-Spiele geliebt. Aber das Konzept war WWII-Flugzeuge im Weltraum. Es hat Spaß gemacht, aber es war pure Fantasie. Ich habe mich schon damals gefragt: Wie würde das in echt aussehen? Das ist, worum es bei In the Black geht. Um echte Weltraumkämpfe.  

Was macht Dein Spiel so anders, so realistisch?

Wir respektieren die Wissenschaft. Wir erfinden keine Technologie. Wir glauben, dass die Realität verdammt viel Spaß machen kann. Wenn Du weißt, dass das was Du gerade erlebst, tatsächlich passieren kann, dann wird das Spiel zu einer viel eindringlicheren Erfahrung.

Ein konkretes Beispiel?

Wir haben einen PHD-Physikstudenten, der uns die Raumschiffe designt. Er kümmert sich darum, dass alles physikalisch korrekt läuft. Alle Komponenten eines Raumschiffs, alle Systeme, sind individuell modelliert. Das jeweils verwendete Material beeinflusst die thermische Belastung. Etwas, das in Raumschiffen sehr wichtig ist und von den meisten Weltraumspielen ignoriert wird. Im Kampf muss man die Energie so einsetzen, dass man keine Probleme durch Hitzestau bekommt. Minimale Schäden in einem unwichtigen System können durch Kaskadeneffekte kritisch werden. Es macht unheimlich Spaß, den Leuten beim Spielen zuzusehen. Wie sie ein Gefühl für die Steuerung bekommen und ein Verständnis für die newtonsche Physik. „Ok, wenn Du eine zeitlang wirklich stark in eine Richtung Gas gibst, dann bewegst Du Dich wirklich schnell. Und Du wirst Dich weiter schnell bewegen. Wenn Du das ändern willst, muss Du Dich umdrehen und wirklich lange und kräftig in die Gegenrichtung Schub geben…“ Wir haben wiederholt Leute in den Demo-Missionen gesehen, die diese Lektion auf die harte Tour lernen mussten. Aber wenn sie es mal verstehen, dann verstehen sie es. Und das ist für mich das Entscheidende am Spiel. Es basiert auf Können. Das Spiel basiert auf einer Version der Realität, die man verstehen und meistern kann.

Ist das nicht ein Problem, gameplayseitig? Ich gebe für eine Minute lang Gas, dann ist da ein Gegner, wir rasen aneinander vorbei, drehen um, rasen wieder aneinander vorbei…

Das kann passieren. Je mehr Erfahrung die Piloten sammeln, desto weniger oft passiert das. Aber das ist die Natur des Spiels. Nach einigen Niederlagen macht man sich Gedanken über seine Missionsplanung. Es gibt einen bekannten Air-Force-Offizier, Colonel John Boyd, der eine Revolution in der US Air Force ausgelöst hat. Er hatte den Spitznamen „40 Second Boyd“. In jeder 1:1-Konfrontation hat er immer innerhalb von 40 Sekunden gewonnen. Weil er die Physik verstanden hat und sich in seine Gegner hineinversetzen konnte und sie dazu zwingen auf das zu reagieren was er tat. Das nennt sich OODA Theorie: Observe, Oriente, Decide, Act. Wenn Du das schneller tust, als der andere, wirst Du wahrscheinlich gewinnen.

Gibt es eine Computerunterstützung? Zum Beispiel, dass der Computer einem sagt: Wenn Du den Gegner abfangen willst, brems jetzt?

Ich hätte sowas gerne und in Planung haben wir das schon länger. Wir hatten ein Design-Konzept, das wir Decision-Support-System genannt haben, das heute auch Teil von modernen Fighterjet-Designs ist. Es ist kein KI-System im klassischen Sinn. Es ist ein smartes System, das sich um viele banale Dinge kümmert und den Piloten freispielt, sich ganz aufs Fliegen und die Mission zu konzentrieren. Er muss also nicht laufend diverse Anzeigen im Blick behalten. Einen Schritt weitergedacht wäre ein System, das taktische Ratschläge gibt. „Hey, Deine Geschwindigkeit hat gerade 500 m/s überschritten. Ist das wirklich, was Du tun möchtest?“ Manchmal könnte das elegant mit grafischem Feedback gelöst werden, manchmal mit Audio. Sprachausgabe wäre supercool.

Ursprünglich hieß das Game Starfighter Inc. Warum der Namenswechsel?

Starfighter war ein Arbeitstitel.

Ein sehr guter!

Wir haben ihn sehr gemocht. Wir wollten ihn auch in der Spielwelt nutzen für das Unternehmen, von dem alle Pilotenneulinge ihr Training und die ersten Aufträge erhalten. Wir mussten allerdings feststellen, dass Disney den Begriff als Wortmarke hat eintragen lassen. Keine Ahnung, wie die das geschafft haben. Es gibt ein Flugzeug aus den 1950ern mit diesem Namen. Aber wir werden uns sicher nicht mit Disneys Anwälten anlegen.

Wir haben darüber gesprochen, wie realistisch das Spiel ist. Gibt es Aspekte, die aus Gameplay-Überlegungen vereinfacht sind?

Wir haben ganz zu Anfang überlegt, ob wir die Spieler nicht Drohnen fernsteuern lassen. Aber es gibt da Burnside’s Zeroth Law of Science Fiction das besagt: Spieler fühlen sich Menschen mehr verbunden als Robotern. Und daher macht es für uns Sinn, einen Piloten im Cockpit zu haben, obwohl das vielleicht nicht wirklich logisch ist. Andererseits: Je fortgeschrittener KI ist, desto anfälliger ist sie für elektronische Kriegsführung. Und vor diesem Hintergrund ist es doch sicherer, einen menschlichen Piloten zu haben. Hört sich plausibel an, oder?

Sie entwickeln In the Black in Ihrer Freizeit. Können Sie uns etwas darüber erzählen?

In meinem Tagesjob lehre ich Gamedesign an der Breda University of Applied Sciences in den Niederlanden. Ich bin dort jetzt seit viereinhalb Jahren, insgesamt unterrichte ich schon seit über zehn Jahren. Ich liebe Spieleentwicklung immens, aber es ist nicht die sicherste Karriere. Die zweite Hälfte meiner Vollzeit-Karriere in der Industrie war extrem wechselhaft. Gegen Ende eines Projekts, speziell in US-Unternehmen, wirst Du plötzlich in ein Meeting gerufen: „Danke für Deine harte Arbeit, aber heute ist Dein letzter Tag.“ In leitenden Positionen ist es schwierig, schnell wieder einen Job zu finden. Also ist man ein viertel bis ein halbes Jahr arbeitslos. Auf der Game Developers Conference hab ich jemanden kennengelernt, der die Spieleentwicklerausbildung an der University of Advancing Technology in Arizona geleitet hat. Er hat mir angeboten, da zu unterrichten. Zunächst habe ich gezögert, weil ich den Einkommensverlust gefürchtet habe. Aber dann habe ich realisiert: Wenn ich alle paar Jahre für mehrere Monate arbeitslos bin, relativiert sich das. Und wäre es nicht nett, nicht für jeden neuen Job quer durchs Land umziehen zu müssen? Also habe ich den Job genommen und liebe ihn. Ich liebe es wirklich, zu unterrichten.

Und In the Black entsteht in der Freizeit…

Alle Beteiligten in den leitenden Positionen haben Tagesjobs. Das Projekt war von Anfang an Liebhaberei. Etwas, das wir unbedingt tun wollten und in das wir auch Zeit investieren wollten, ohne wirtschaftlich davon abhängig zu sein. Jack, der Projektleiter, unterrichtet ebenfalls. Und das kommt uns sehr gelegen, um Talente zu rekrutieren. Unser Lead Programmer, unser Lead Artist, beides sind ehemalige Studenten. Mich erinnert unser Team an meine frühen Tage, als ich an X-Wing gearbeitet habe. Wir waren buchstäblich sieben Jungs in einem Haus. Es ist erstaunlich, was man mit kleinen, leidenschaftlichen Teams erreichen kann.

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Wann ist das Spiel fertig?

Nie! Kein Game ist jemals fertig. Man hört nur eines Tages auf, daran zu arbeiten.

Wann werden Sie das Spiel ausliefern?

Das ist die richtige Frage. Wenn nichts dazwischenkommt, wollen wir nach jetziger Planung einen Early Access Release bis Jahresende. Das wird das Spiel mit den Basis-Features sein, das wir den Kickstarter-Unterstützern versprochen und schon ausgeliefert haben, und noch jede Menge Content oben drauf. Wir haben eine Menge Singleplayer-Content entwickelt, mit Missionen und Game-Modes. Der Early-Access-Release wird sich wie ein komplettes Spiel anfühlen. Wir wollen nicht, dass irgendjemand jemals bereut, uns Geld gegeben zu haben.

Wie steht‘s um den VR-Modus?

VR-Unterstützung ist schon drin. Aufgrund der kleinen Teamgröße konzentrieren wir uns aber hauptsächlich auf die reguläre PC-Fassung. Dort ist die Mehrheit unserer potenziellen Zielgruppe. Die Installationsbasis von VR ist noch klein. Wir planen das VR-Interface zu optimieren, das ist Bestandteil unserer Roadmap. Ich kann nur nicht versprechen, wann wir die Zeit dafür finden. Aber selbst unoptimiert ist VR schon sehr spektakulär. „Da ist Saturn! Ich fliege neben Saturn!“

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute mit In the Black!

Nach 16 Jahren E-MEDIA bloggt Manfred Huber jetzt über die Technik-Themen, die ihm am meisten Spaß machen – und das ist momentan alles rund um Virtual Reality.