Match 3 goes VR! Mit Rainbow Reactor kommt das bewährte Spielprinzip auf Rift und Vive. Release ist am 15. Januar 2019 als Early Access auf Steam. Wir plaudern mit Producer Kalle Max Hofmann über sein Spiel.  

Kalle Max Hofmann ist ein Berliner Filmemacher, Autor, Übersetzer – und Game Designer. Für Rainbow Reactor hat der auch privat passionierte Videogamer ein hochkarätiges Team zusammengestellt, das schon an Hollywood-Filmproduktionen gearbeitet hat. Wir plaudern mit Kalle über Rainbow Reactor – und wie es um Virtual Reality generell steht.

Der Berliner Kalle Max Hofmann ist der Producer von Rainbow Reactor

Godoculus: Kannst Du uns Dein Spiel in eigenen Worten beschreiben?

Kalle: Rainbow Reactor ist die Neuinterpretation eines altbekannten Casual-Spielprinzips in VR: Bunte Kugeln müssen so geworfen werden, dass mindestens drei von ihnen nebeneinander zu liegen kommen und sich dann auflösen. Durch einige von uns dazugedichtete Mechaniken entsteht daraus in VR eine ganz eigene Dynamik, die in einem 2D-Game so nicht möglich wäre.

Was war Deine Aufgabe im Team?

Kalle: Ich bin hauptsächlich der Initiator und Game-Designer, aber auch Produzent und Texte-Schreiber. Bei einem Kernteam von nur vier Leuten bleibt es nicht aus, dass jeder mal überall mit aushilft. Das ist aber auch gut, denn in erster Linie machen wir das Projekt ja aus Leidenschaft und Interesse für Spiele und wollten den Entwicklungsprozess mal selbst kennenlernen. Wenn jeder überall mithelfen muss, lernt man natürlich am meisten!

Wer sind die anderen Teammitglieder?

VR Cover

Kalle: Zum Start des Projektes vor etwa anderthalb Jahren war auch schon unser Art Director Tom Hiebler dabei, der dann später mit unserem CG-Zauberer Henrik Zähringer die virtuelle Umgebung entwarf und umsetzte. Die beiden arbeiten auch hauptberuflich mit digitalen Gestaltungstools, und zwar in der Filmbranche, wo sie unter anderem schon an diversen Marvel-Filmen mitgewirkt haben. Unseren finnischen Programmierer Hannu Hoffrén habe ich zum ersten Mal auf dem „Hacker-Meeting“ Assembly 2010 in Helsinki getroffen. Wir haben damals über das Internet an dem Crowdsourcing-Western „Snowblind“ zusammengearbeitet und auch später noch zusammen Projekte gemacht, bei denen ich meistens als Regisseur arbeitete. Wir haben uns dabei vom Low-Budget-Community-Trash bis zum internationalen Vertrieb durch Universal Pictures hochgearbeitet – im Fall meines Films „Das Universum 3D“.

Was war die größte Herausforderung während der Entwicklung?

Kalle: Eigentlich lief alles recht glatt und nach Plan. Nur ist es eben schwierig, ein Game auf die Beine zu stellen, wenn man nebenbei einen ganz normalen Job hat und neben dem täglichen Brot auch noch das Geld für die Entwicklung zusammenbekommen muss. Denn Kosten für die Anschaffung von Hard- und Software wollten beglichen werden, dazu gab es Arbeitsschritte, die wir nicht selbst leisten konnten, wie Musik- und Sounddesign oder die Sprachaufnahmen. So sind im Verlaufe der 18-monatigen Entwicklungszeit neben den Massen von unbezahlten Arbeitsstunden auch ganz reale Kosten in Höhe von etwa 5.000 Euro angefallen. Ich denke, als blutige Anfänger im Games-Bereich, ohne Publisher und Werbebudget, werden wir es schon recht schwer haben, diese Summe in der Nische Virtual Reality überhaupt wieder hereinzubekommen. Aber der Spaß, den wir dabei hatten, war es wert!

„Wir haben schnell gemerkt, dass es schwer ist, die Begeisterung für VR zu transportieren, es sei denn, die Leute probieren es selbst aus.“

VR wächst ja nicht gar so rasant, wie von vielen ursprünglich gehofft. Wie schätzt Du die aktuelle Situation ein?

Meiner Meinung nach war von Mitte 2017 bis Mitte 2018 ein erschreckendes Loch zu spüren. Gerade, dass Sony das PSVR-System am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen schien, fand ich sehr bedenklich. Schließlich haben sie mit Abstand die meisten „ernstzunehmenden“ HMDs verkauft. Aber inzwischen läuft die Maschinerie wieder und auf allen Systemen sind im letzten halben Jahr viele tolle Titel erschienen, die auch neue Wege beschreiten und Möglichkeiten aufzeigen. Denn das Hauptrisiko bei VR liegt für mich in einem Paradoxon: Es müssen ganz neue Spielideen und -systeme entwickelt werden. Das kostet Geld – viel Geld – doch wegen der geringen Userbase scheuen die großen Publisher Investitionen auf diesem Gebiet. Der Mangel an echten „Must-Haves“ bremst aber natürlich die Erweiterung der Userbase. Diese Schleife hätte VR meiner Meinung nach beinahe das Genick gebrochen, doch inzwischen sehe ich wieder einen eindeutigen Aufwärtstrend.

Godoculus: Ihr habt euch trotz des schwierigen Umfelds entschlossen, ein VR-Game zu entwickeln. Warum?

Kalle: Hauptgrund für den Projektstart war einerseits pure Begeisterung für Games im Allgemeinen und für VR im Speziellen. Tom und ich sind echte Gamer-Nerds, die seit Jahrzehnten Konsolen und Spiele sammeln, doch VR fügt allem bisher dagewesenen eine buchstäblich neue Dimension hinzu. Und diese wollten wir auch von der „anderen Seite“ kennenlernen – wie lässt man diese Welten entstehen? Zudem haben wir auch schon zu Beginn gemerkt, dass es schwer ist, die Begeisterung für VR zu transportieren, es sei denn, die Leute probieren es selbst aus. Aber was zeigt man ihnen dann als erste Demo? Ein Kandidat war der „Tauchgang“ von PlayStation VR Worlds, doch ist das rein passiv. Das Bogenschießen von Vive Labs war lustig und eingängig, bot aber nicht die beeindruckende Grafik, die unserer Meinung nach bei VR einfach dazugehört. Deswegen wollten wir diese Nische „schnell“ füllen. Natürlich hat es dann doch länger gedauert und inzwischen sind unzählige neue Titel erschienen. Trotzdem glauben wir, dass Rainbow Reactor sein geplantes Ziel immer noch sehr gut erfüllt. Selbst unsere Eltern im Rentenalter haben sich bei ihren ersten VR-Gehversuchen mit Rainbow Reactor sofort zurechtgefunden und waren begeistert.

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Rainbow Reactor: Der Early Access Trailer

Was spielst Du privat und spielst Du lieber VR oder „flat games“?

Kalle: Das ist eigentlich ganz unterschiedlich. Meine Lieblingsgenres sind Open-World-Action und Rennspiele, am besten Simulationen. Und gerade letztere sind für mich in 2D inzwischen absolut unspielbar. Wer einmal mit Lenkrad und Pedalen bei Dirt Rally oder Project Cars 2 im VR-Cockpit gesessen hat, kann eigentlich nicht mehr zurück. Wenn ich einen dieser Titel jetzt auf dem TV spiele, kommt es mir einfach nur noch unecht und „weit weg“ vor, ich fühle mich beinahe wie amputiert. Umgekehrt gibt mir eines meiner Lieblingsspiele, Borderlands 2, in der VR-Version eigentlich gar keinen Mehrwert. Ich kenne das Spiel so dermaßen auswendig, dass ich dann nur dort in der Landschaft stehe und denke: „Ja, passt.“ Vielleicht liegt das aber auch an der Cel-Shading-Grafik, denn wie gesagt, einen gewissen Realismus finde ich bei VR schon erstrebenswert.

Wenn Du gerade nicht spielst, was hast Du sonst für Hobbys?

Kalle: Mein größtes Hobby neben der Arbeit und meinen eigenen, kleinen Hobby-Filmprojekten ist das Schreiben. Das macht mir sehr viel Spaß und ich hätte auch absolut nichts dagegen, dieses Hobby zum Beruf zu machen, egal ob es um Texte für Filme, Spiele oder Romane geht. Der Traum, vom Schreiben leben zu können, ist natürlich sehr groß und weit weg, doch ich nähere mich ganz langsam, indem ich seit einigen Jahren Romane übersetze und meine eigenen Werke als Selfpublisher unter die Leute bringe. Mein Buch Berlin Zombie City war für meine Verhältnisse sogar ein kleiner Hit mit etwa 1000 Lesern. Wenn wir mit „Rainbow Reactor“ auch so viel Zuspruch fänden, wäre ich ja schon fast zufrieden!

„Am Release-Tag werde ich wohl frenetisch auf allen Tabs ständig Reload drücken.“

Am 15. Januar startet Rainbow Reactor als Early Access auf Steam. Wie wirst Du den Release-Tag verbringen?

Kalle: Oh, ich bin bei solchen Gelegenheiten immer extrem aufgeregt. Die Nacht davor werde ich sicher sehr schlecht oder fast gar nicht schlafen. Dann muss man bei Steam anscheinend höchst persönlich noch den Button für den endgültigen Release anklicken, das wird also ein kleiner Festakt. Danach wird dann wohl den Rest des Tages frenetisch auf allen Tabs ständig „Reload“ gedrückt… denn als jemand, der auch schon viele Kickstarter-Projekte gebackt und begleitet hat, möchte ich einen Fehler nicht machen: Dass die Early-Access-Teilnehmer sich alleine gelassen vorkommen. Wir wollen für unsere Kommunikation komplett auf die Steam-Plattform setzen und das Ganze nicht zerfasern, indem wir ein eigenes Forum anbieten und dann am besten auch noch Discord, Telegram und ein ISDN-Bulletin-Board füttern. Ich denke, das „Marketing“ für das Spiel wird sowieso die härteste Prüfung. Beim Entwickeln hatten wir viele Arbeitsprozesse, die unseren normalen Jobs nahekommen, doch das Publishen ist eine ganz eigene Herausforderung. Von daher sind wir sehr froh und dankbar für jeden, der ein paar Infos zum Game teilt, liked oder uns sonst irgendwie anderweitig unter die Arme greift, sei es mit guten Ideen oder eigenen Erfahrungen oder vielleicht sogar handfester PR-Arbeit! Unser Team muss auf jeden Fall noch um weitere Enthusiasten anwachsen, wenn wir in Zukunft größere Projekte angehen wollen. Denn gerade das Erzählen interaktiver Geschichten in VR ist meiner Meinung nach eine Chance, die der Menschheit eine ganz neue Dimension der Unterhaltung bieten kann! Wenn es irgendwie geht, möchten wir zu dieser Entwicklung einen kleinen Teil beitragen.

Danke für das Gespräch und viel Erfolg!

Hier geht’s zu Rainbow Reactor auf Steam

Nach 16 Jahren E-MEDIA bloggt Manfred Huber jetzt über die Technik-Themen, die ihm am meisten Spaß machen – und das ist momentan alles rund um Virtual Reality.