Auf den Spuren von Rocky Balboa: In Creed: Rise to Glory spielt ihr die Karriere des jungen Nachwuchsboxers Adonis Creed – und werdet vom Altmeister himself gecoacht. Wir haben das neue VR-Game für PSVR, Rift und Vive in der Rift-Version getestet.

Im Vorspann scrollt zum Rocky-Themesong ein Boxhandschuh ins Bild. Ich gebe nur ungern zu: Damit hat mich das Spiel von Anfang an in der Tasche. Atmosphäre ist die halbe Miete und viel kultiger als das Rocky-Theme geht ja wohl kaum! Der voreingenommen positive Eindruck verfestigt sich, als ich das erste Mal im hell erleuchteten Boxring stehe. Um mich herum tosendes Publikum. Vor mir tänzelt mein Gegner auf und ab, während der Announcer die Vorstellung der Boxer Mikro brüllt. Zu meiner Rechten mahnt der Ringrichter einen fairen Fight ein. Die Grafik! Der Sound! Creed: Rise to Glory bietet astreine AAA-Qualität. Nicht die bemühte aber leider noch nicht ganz state-of-the-art-Indie-Grafik, wie man sie von so vielen VR-Spielen dieser Tage gewöhnt ist. Nein, hier passt technisch alles. Aber mal der Reihe nach.

Creed: Rise to Glory Screenshot
Der Sprecher stellt die Kämpfer vor – gleich geht’s los!

VR-Box-Training mit Rocky Balboa

Creed: Rise to Glory ist ein im Rocky-Universum angesiedeltes Box-Spiel. Ihr spielt den aufstrebenden Nachwuchs-Boxer Adonis Creed, Filmfans bekannt aus dem jüngsten Teil der Rocky-Reihe („Creed: Rocky’s Legacy“ aus 2015).

Was macht ein junger Boxer? Natürlich erst einmal trainieren. Und drei Mal dürft ihr raten, wer dabei euer Coach ist. Natürlich der Altmeister himself: Rocky Balboa! Im Spiel gibt es diverse einschlägige Trainingsgeräte, an denen ihr euch austoben könnt, vom Sandsack bis zum Laufband. Und bevor euch das Spiel in den Boxring lässt, müsst ihr das auch tun.

Vor jedem der sieben Kämpfe im Karrieremodus gilt es nämlich erst mal eine Trainingseinheit absolvieren. Diese Trainingseinheiten setzen sich aus mehreren Teilaufgaben in schneller Abfolge zusammen. Zum Beispiel: auf einen Sandsack eindreschen, einen Punching-Ball auf imaginäre Ziele schmettern, auf einem Laufband rennen, auf einem Dummy-Torso die markierten Ziele in der richtigen Reihenfolge treffen usw. Je mehr der mitunter nur wenige Sekunden dauernden Aufgaben ihr am Ende der Trainingseinheit positiv abgeschlossen habt, desto mehr Durchhaltekraft hat euer Boxer im anstehenden Kampf. Eine nette Idee eigentlich.

Creed: Rise to Glory Screenshot
Aug in Aug mit eurem Gegner in Virtual Reality!

Creed: Rise to Glory ist ganz schön schweißtreibend

Und dann geht’s endlich ab in den Ring. Die Arena ist voll besetzt. Das Publikum grölt. Wenn der Announcer euren Namen ins Mikro brüllt und der Jubel weiter anschwillt, könnt ihr fast nicht anders, als instinktiv die Hände in die Luft zu reißen, euch zu euren Fans umzudrehen, ihnen gönnerhaft zuzuwinken. Dann streckt euer Kontrahent auf Kommando des Ringrichters beide Arme aus. Ihr berührt seine Boxhandschuhe mit euren – und der Kampf beginnt!

Die zugrundeliegende Spielmechanik ist eigentlich simpel. Ihr wartet, bis euer Gegner aus der Deckung kommt und verpasst ihm dann einen Schlag. Und das möglichst kräftig. Gegnerischen Schlägen könnt ihr unter vollem Körpereinsatz ausweichen – sprich euch ducken oder seitlich wegbeugen. Oder ihr haltet eure Hände vors Gesicht, um die Konter des Gegners zu blocken.

VR Cover

Wenn so ein Boxkampf über mehrere Runden geht, kommt man nicht nur virtuell ins Schwitzen. Kein Scherz: Creed: Rise to Glory geht wahrscheinlich durchaus als Fitnessaktivität durch. Anzumerken wäre an dieser Stelle auch – sorry für den erhobenen Zeigefinger – dass dieses Game wie kaum ein anderes danach schreit, mit ausreichend Platz und fernab von Zusehern gespielt zu werden. Ihr wollt sicher nicht einem Mitbewohner oder einem eurer Kinder mit aller Kraft einen Kinnhaken verpassen….

Creed: Rise to Glory Screenshot
Niemand Geringeres als Box-Legende Rocky Balboa feuert euch am Ring an

Plump um sich schlagen reicht nicht

Damit das Game nicht zu arcadelastig wird, hat euer Boxer nicht unendlich Kraft. Blinken eure Boxhandschuhe rot, signalisiert das: Ihr seid erschöpft, ein neuerlicher Schlag wird kaum Schaden anrichten. Das verhindert, dass man auf seinen Gegner nonstop eindrischt. Ein wenig Taktik ist eben schon gefragt.

Regelrecht originell ist übrigens die Spielmechanik, wenn ihr zu Boden geht und angezählt werdet. Dann wird es rund um euch herum dunkel, eure Kameraperspektive entfernt sich vom Ring, den ihr nur mehr klein „am Ende des Tunnels“ seht und ihr müsst euch mit kräftigen Armbewegungen zurück in den Ring kämpfen, während ihr vom Ringrichter angezählt werdet.

Intensiver, aber kurzer Spaß

Soweit, so gut. Die Grafik von Creed: Rise to Glory ist top, das Gameplay funktioniert gut. Einen Wehrmutstropfen gibt es aber dann doch: den Spielumfang. Den sieben Kämpfe umfassenden Karriere-Modus hat man an einem Nachmittag durchgespielt. Gut, es gibt darüber hinaus noch verschiedene Spielmodi: Einzelkämpfe und Trainingseinheiten, die man gegen seine Freunde auf Highscore spielt. Aber ein echter Ersatz für einen umfassenderen Story-Modus ist das nicht. In gewissem Sinn erinnert Creed: Rise to Glory an Batman: Arkham VR. Beides sind Spiele mit einem sehr hohen Production Value – bei denen die Entwickler aber verabsäumt haben, aus den vorhandenen Assets und Gamemechaniken ein abendfüllendes Spiel zu stricken.

Wahrscheinlich hätte schon viel geholfen, hätte der Charakter Skills, die sich über Training permanent verbessern ließen. Zum Beispiel mehr Ausdauer durch Training am Laufband, oder mehr Schlagkraft durch wiederholte Sessions am Sandsack. Auch sind sieben Kämpfe im Karrieremodus arg wenig. Da hätte man gut noch ein paar einziehen können. Zum Beispiel Trainingspartner, die man besiegen muss, um überhaupt erst in einem Profikampf antreten zu dürfen. Vielleicht ja sogar eine Session mit dem Altmeister persönlich? Und wenn wir schon bei unerfüllten Wünschen sind: Noch cooler als Training am Laufband wäre Jogging im Freien gewesen – zum Beispiel einen idyllischen Sandstrand entlang. Oder überhaupt an verschiedenen Locations aus den Rocky-Filmen. Das wär’s gewesen. Naja, man wird ja wohl noch träumen dürfen…

Die Aufgabe, für längerfristige Motivation zu sorgen, bleibt  aber dem PvP-Modus überlassen. Die Voraussetzung wäre eine ausreichend große Spielercommunity, um auch mittelfristig eine reelle Chance auf Quick Matches gegen Zufallsgegner zu garantieren. Daran sind schon andere namhafte Games gescheitert. Aber wir drücken Creed: Rise to Glory natürlich die Daumen.

Hier geht’s zu Creed: Rise to Glory auf Steam, im Oculus Store und im PlayStation Store

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Überblick der Rezensionen
Das Fazit
Nach 16 Jahren E-MEDIA bloggt Manfred Huber jetzt über die Technik-Themen, die ihm am meisten Spaß machen – und das ist momentan alles rund um Virtual Reality.
boxen-in-vr-creed-rise-to-glory-im-testTop-Grafik und der Rocky-Themesong? Alleine damit hatte mich das Game von Anfang an in der Tasche. Umso enttäuschter war ich darüber, wie schnell der Spaß vorbei war: Den eher rudimentären Karrieremodus hatte ich an einem Nachmittag durchgespielt (auf dem mittleren von insgesamt drei Schwierigkeitsgraden). Das ist ein fetter Wehrmutstropfen, ändert aber nichts an den Qualitäten des Spiels. Boxen in VR war nie schönerr, intensiver, schweißtreibender, stimmiger. Für mich Motivation genug, das Game auch nach dem ersten Durchlaufen des Abspanns wieder und wieder einzuwerfen.