Mit Surface Studio ist Microsoft der lang ersehnte Coup geglückt. Auch sonst Apple-lastige Blogger und Journalisten sind voll des Lobs. Apple hätte seine Innovationskraft verloren, Microsoft wäre das neue Apple, heißt es. Als jemand, der sich in der Windowswelt heimisch fühlt, freut mich das. Allerdings glaube ich nicht, dass Microsoft das neue Apple ist.

Ja, Microsoft hat – und das nicht zum ersten Mal – eine Geräte-Sparte revolutioniert. Surface Studio ist ein All-in-One-PC, wie er 2017 sein soll. Superschlank, edel und praktisch, weil kippbar. Das Teil sieht aus, als hätte es Apple gebaut – zu einer Zeit, als Apple noch mutig und innovativ war.

Leider weiß ich aus eigener leidiger Erfahrung: Wenn sich der Achtungserfolg nicht in Verkaufszahlen ummünzen lässt, kann Surface Studio schnell wieder Geschichte sein. Microsoft hat sich in den vergangenen Jahren die Reputation erarbeitet, innovative Produkte voreilig zu killen, wenn sich der erhoffte Verkaufserfolg nicht schnell genug einstellt.

Windows Phone 7? Nach zwei Jahren durch Windows Phone 8 abgelöst, ohne Upgrade-Möglichkeit für Bestandskunden. (So ziemlich) die selbe Story mit Windows Phone 8. Windows Mobile 10? The jury is still out, aber das ist ein Stoff für einen eigenen Kommentar. Surface RT? Eingestellt. Microsoft Band? Eingestellt. Letzteres schmerzt mich besonders, weil Microsofts Fitnessarmband in der zweiten Generation für mich das beste Fitnessarmband überhaupt war und ich die dritte Generation sofort gekauft hätte. Notfalls wieder auf Amazon UK, in Deutschland und Österreich kam das Microsoft Band nämlich nie auf den Markt.

Microsoft hat talentierte Ingenieure, die großartige neue Produkte kreieren. Und das Talent, sich am Ende selbst ins Knie zu schießen und den programmierten Erfolg zu vereiteln.

Nein, Microsoft ist nicht das neue Apple. Das bestätigt auch ein Blick auf die Zahlen. Gartner prognostiziert, dass 2017 erstmals mehr Geräte mit Apple- als mit Microsoft-Betriebssystem verkauft werden. Und natürlich stammt der Löwenanteil der Windows-Geräte gar nicht von Microsoft selbst, sondern von Drittherstellern.

Aktuell baut Redmond die innovativere Hardware, siehe Surface Studio, Surface Book oder Surface Pro 4. Um Welten mehr Geräte verkauft trotzdem Cupertino. Für Microsoft ist Hardware nur ein Nebengeschäft. Ob sich das jemals ändern wird? Surface Studio wird dazu nicht beitragen. Zu spitz ist die Zielgruppe (Kreative). Plus: Versuchen Sie mal, das Teil hierzulande zu kaufen…

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Nach 16 Jahren E-MEDIA bloggt Manfred Huber jetzt über die Technik-Themen, die ihm am meisten Spaß machen – und das ist momentan alles rund um Virtual Reality.