1 Milliarde Windows 10 Devices hätten es werden sollen. Aktuell hält Microsoft bei 400 Millionen.

Universal Windows Platform Apps könnte Softwareentwicklung revolutionieren. Mit einmal Entwickeln drei Plattformen bedienen: Windows, Mobile und Xbox – ein geniales Versprechen. Jahrelang hat Microsoft darauf hingearbeitet, jetzt ist es theoretisch soweit. Und kaum jemand nimmt davon Notiz. Das hat mehrere Gründe. Der Hauptgrund aber ist das Scheitern von Windows Phone.

Ein Framework für drei grundverschiedene Hardwareplattformen – das gelingt nicht über Nacht. Seit Jahren arbeitet Microsoft an der entsprechenden Lösung und seit letztem Jahr ist endlich die vorläufige „Endausbaustufe“ erreicht. Mit Universal Windows Platform Apps, kurz UWP, können Entwickler Windows 10, Windows 10 Mobile und Xbox One gleichzeitig bedienen. Eine App einmal entwickeln und auf gleich drei Plattformen ausspielen – genial.

UWP-Apps waren Microsofts Masterplan für die Weltherrschaft – bildlich gesprochen. Sie sollten die Heerscharen von iOS- und Android-Entwickler dazu bewegen, für die Microsoft-Plattformen zu entwickeln. Nur irgendwie stößt das in der Entwickler-Community nicht auf die erwartete Gegenliebe. Um zu erkennen, warum, müssen wir nur einen näheren Blick auf die einzelnen Plattformen werfen.

400 Millionen sind nicht genug

Da wäre an erster Stelle Windows 10, mit 400 Millionen Installationen zweifelsohne eine immens wichtige Plattform für Softwareentwickler. Es gibt nur ein Problem. Um diese 400 Millionen Kunden zu erreichen, bevorzugen viele Entwickler nicht UWP, sondern klassische Desktop-Software. Damit „erwischen“ sie nämlich auch Kunden mit dem älteren Windows 7, das mit 49 Prozent Marktanteil unter Desktop-Betriebssystemen relevanter ist als Windows 10 (25 Prozent).

Es ist nicht so lange her, da hat Microsoft eine Milliarde Windows 10 Devices als Ziel ausgerufen. Von dieser Zahl ist Redmond Lichtjahre entfernt und das liegt hauptsächlich am Kollaps von Windows Phone.

Schauen wir als nächstes also auf Mobile. Hier sieht es ganz düster aus. UWP ist zu spät für die Party, Windows Phone (bzw. Windows Mobile 10, wie die aktuelle Fassung heißt) ist schon gegangen und schläft daheim seinen Kater aus. Oder weniger bildlich: Mit unter einem Prozent Marktanteil spielt Microsofts mobiles OS keine Rolle mehr. Microsoft selbst hat, so scheint es, bereits aufgegeben. Die letzten Lumias sind abverkauft, die Milliarden aus dem Nokia-Abenteuer abgeschrieben, neue Geräte nicht angekündigt. Kein Wunder, dass der Marktanteil von Windows Phone in den vergangenen Monaten unter die Wahrnehmungsgrenze gefallen ist.

Hätte, hätte, Fahrradkette

Ironischerweise hatten viele Windows Phone-Fans lange die Hoffnung, sie würden Dank UWP mehr Apps für ihr Telefon abbekommen. Frei nach dem Motto: Windows 10 mit einer installierten Basis von 400 Millionen Devices können Entwickler nicht ignorieren und die Phone-Varianten ihrer Programme würde quasi als Nebenprodukte abfallen. Diese Hoffnung war durch die Schwäche des Windows Stores aber unrealistisch. Wenn überhaupt, hätte es umgekehrt sein müssen.

VR Cover

Die folgenden Ausführungen sind natürlich „anecdotal evidence“, wie es im Englischen so schön heißt. Aber ein allgemeiner Trend lässt sich aus meinen Erfahrungen als Hobby-Entwickler im Windows Store vielleicht ja doch ableiten. Seit Anfang 2014 ist mein kostenloses Knobel-Spiel PikBlu im Windows Store erhältlich. Die anfängliche Version für Windows 8 erschien quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Erst mit der Universal App, die gleichzeitig auch Windows Phone unterstützte, kam Bewegung ins Spiel. Die Grafik spricht Bände. Die meisten Downloads hatte PikBlu über seine bisherige Laufzeit auf mobilen Devices.

Downloads meines Games PikBlu nach Plattform. Mobile führt mit deutlichem Abstand.

Wenn ich daraus eine allgemeine Schlussfolgerung ableiten darf, dann die: Mobile hätte UWP am Desktop befeuern müssen, nicht umgekehrt. Leider hat Microsoft pünktlich zur Marktreife von UWP den Stecker für Mobile gezogen. Viel zu früh, und bevor UWP die Chance hatte, seine Stärken auszuspielen. Eine Entscheidung, die – fürchte ich – dem Konzern noch auf den Kopf fallen wird.

Das einzig verbleibende sinnhafte Szenario für UWP sind somit Games, die gleichzeitig für Xbox One und PC erscheinen. Alle First-Party-Spiele von Microsoft erscheinen nach diesem Modell. Microsoft nennt das „Xbox Play anywhere“. Die entscheidende Frage wird sein, wie viele Publisher sich dem Modell anschließen, oder ob Play anywhere und damit UWP ein auf Microsofts eigene Games beschränkter Sonderfall bleibt.

Wahrscheinlich ist es ein wenig zeitig, um vom Scheitern von UWP zu sprechen. Aber irgendetwas wird sich Microsoft einfallen lassen müssen, um seine Vision von plattformübergreifenden Apps nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch Realität werden zu lassen. Ohne hauseigene Mobile Plattform sehe ich da wenig Chancen. Microsoft, wann kommt das Surface Phone?

Nach 16 Jahren E-MEDIA bloggt Manfred Huber jetzt über die Technik-Themen, die ihm am meisten Spaß machen – und das ist momentan alles rund um Virtual Reality.