Zusammen mit drei Freunden auf der Brücke eines Sternenflotten-Raumschiffs – Star Trek: Bridge Crew ist der feuchte Traum eines jeden Star-Trek-Fans. Aber kann das VR-Game auch längerfristig begeistern? Wir haben den Langzeit-Test gemacht. 24 Ingame-Stunden mit Star Trek: Bridge Crew.

Wo denn die Killer-Applikation bleibt, fragen VR-Kritiker gerne mal. Egal ob PSVR, HTC Vive oder Oculus Rift: Viele Softwaretitel sind mehr Showcases als „richtige“ Spiele. Aber jetzt gibt es Ubisofts Star Trek: Bridge Crew. Und es ist der feuchte Traum eines jeden VR-Spielers und Star-Trek-Fans geworden. Ein Disclaimer gleich vorweg: Wenn sich der folgende Test mehr nach Jubelorgie als nach einem nüchternen Review anhört, dann liegt das nur ein klein wenig daran, dass der Autor Mühe hat, die Fan-Brille abzusetzen. Hauptsächlich liegt es daran, dass das Spiel einfach ein ganz großer Wurf geworden ist. Mit minimalen Einschränkungen – aber dazu später mehr.

Zu viert auf der Brücke

Schnell die Basics: Star Trek Bridge Crew ist ein VR-Spiel, das Euch zusammen mit drei weiteren Mitspielern auf die Brücke des Sternenflottenschiffs USS Aegis versetzt. Jeder Spieler übernimmt dabei eine ganz spezifische Rolle. Der Captain erteilt die Kommandos, der Steuermann fliegt das Schiff, der Waffenoffizier feuert Phaser und Photonentorpedos und der Ingenieur kümmert sich um Reparaturen und Energieverteilung.

Und das ist dann auch das Rezept für ein Spieleerlebnis, das es in dieser Form noch nie gegeben hat. In Multiplayer-Missionen zusammenarbeiten? Natürlich schon mal dagewesen. Aber hier sitzt man mit seinen Mitspielern im selben (virtuellen) Raum und das ändert alles. Wenn man als Steuermann den Kurs gesetzt hat, dreht man sich instinktiv zu dem hinter einem sitzenden Captain um, wenn man Meldung macht. Oder man gestikuliert wild mit den Händen, wenn ein Offizierskollege Mist gebaut hat.

„Warp-Antrieb? Welcher Warp-Antrieb?“

In so ziemlich jeder Mission ergeben sich denkwürdige Szenen. Etwa vorhin. Meine drei Mitspieler und ich haben den Auftrag so gut wie erledigt und müssen das Schiff nur noch nach Hause bringen. Während von allen Seiten klingonische Schlachtschiffe auf uns zukommen, setze ich als Steuermann den Kurs und bitte den Ingenieur, die Warpspulen zu laden. Antwortet der panisch: „Warp-Antrieb? Niemand hat mir gesagt, dass ich den reparieren soll!“

Vier Spieler steuern in VR gemeinsam das Raumschiff.

Wir konnten die Klingonen dann übrigens noch solange hinhalten, bis die Reparatur des Warpantriebs abgeschlossen war. Auch wenn es am Ende knapp wurde.

Es sind solche Szenen, die Star Trek: Bridge Crew zu einem außergewöhnlichen Erlebnis machen. Aber noch auf einem anderen Level ist das Game etwas Besonderes. Bridge Crew dürfte so ziemlich das erste Multiplayer-Coop-Spiel sein, das sich exzellent mit einer zufällig zusammengewürfelten Crew spielen lässt. Dabei hätte man annehmen sollen, dass gerade hier die Zusammenarbeit mit Zufallsbekanntschaften problematisch wäre. Erstaunlicherweise ist die Dichte sozial auffälliger Spieler, die einem sonst gerne mal das Multiplayer-Erlebnis vermiesen, hier aber extrem niedrig.

VR Cover

Multiplayer über Systemgrenzen hinweg

Weiters war es im Testzeitraum zu keiner Tag- und Nachtzeit ein Problem, Mitspieler zu finden. Auch das ist erstaunlich für einen Titel, der sich, weil „VR only“, in einer Nische bewegt. Natürlich könnt Ihr statt mit Zufallsbekanntschaften auch gezielt mit Euren Freunden spielen. Dabei ist es egal, ob diese PSVR, HTC Vive oder Oculus Ruft besitzen. Bridge Crew unterstützt Multiplayer plattformübergreifend. Kudos an Ubisoft, dass das geglückt ist! Und Kudos an Sony, die das in ihrem PlayStation Network zulassen.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt: Bei plattformübergreifenden Freundschaftsanfragen und Spieleeinladungen zickt Uplay gerne mal rum. Am Ende hat es im Test dann aber doch immer geklappt, dass sich die Mitspieler in der Lobby eingefunden haben.

Eines noch der Vollständigkeit halber, weil bislang immer von Multiplayer die Rede war. Ja, Star Trek: Bridge Crew kann auch alleine gespielt werden. Aber ganz ehrlich? Die Faszination des Spiels geht von der Interaktion mit realen Mitspielern aus. Das einzige, was man hier alleine spielen sollte, ist das Tutorial, das die Funktionen der einzelnen Stationen erklärt. (Das dafür aber unbedingt, bevor man sich in die erste Multiplayer-Partie wagt, den Mitspielern zuliebe.)

Wie schaut’s mit der Spieldauer aus?

So ziemlich alle VR-exklusiven Games haben ein Problem mit dem Umfang. Nicht alle sind derart kurz wie Batman: Arkham VR, wo nach einer Stunde schon der Abspann über den Bildschirm läuft. Aber relativ schnell durch ist man meistens. Wie sieht es hier aus?

Star Trek: Bridge Crew bietet eine fünf Missionen umfassende Kampagne, einen vorgeschalteten Prolog plus die Kobayashi-Maru-Challenge (Star-Trek-Auskenner wissen Bescheid. Für den Rest von uns: Ein Test an der Sternenflotten Akademie, der nicht gewonnen werden kann.) Zusätzlich existieren noch Zufallsmissionen, die nach vier verschiedenen Schemata ablaufen. Selbige kann man entweder mit der Aegis spielen, dem Schiff aus der Kampagne. Oder mit der Original-Enterprise aus der Fernsehserie.

So sieht es auf der Brücke der Original-Enterprise aus.

Apropos Original-Enterprise. Die ist so eine Sache. Entweder man liebt sie, oder man hasst sie. Das liegt an den Steuerkonsolen. Die Fernsehmacher haben sich seinerzeit nämlich keine Gedanken über funktionale Steuerung gemacht, sondern auf den Steuerkonsolen einfach nur bunt blinkende Buttons angeordnet. Und genau davor sitzt man jetzt im Spiel. Bunt blinkende Buttons. Ohne die optional einblendbaren Hilfstexte wäre man völlig chancenlos. Mit Hilfe ist es immer noch mühsam. Trotzdem: Es hat was, auf der Brücke der Original-Enterprise zu sitzen.

Fassen wir zusammen: Die Anzahl der Kampagnen-Missionen ist einstellig und die Zufallsmissionen reißen auch nicht viel raus, da sie sich immer recht ähnlich sind. Stellt Euch also darauf ein, dass Ihr ein und dieselbe Mission mehrfach spielen werdet. Macht aber gar nichts. Abwechslung entsteht hier durch die Crew. Nach 24 Ingame-Stunden hatten wir jedenfalls immer noch nicht genug. Und das, obwohl Bridge Crew keinen guten Job macht, den Spieler für den Spielfortschritt zu belohnen.

Mehr Statistik – und DLCs bitte!

Für jede (nicht mit der Zerstörung des Schiffs endende) Mission erntet Ihr Erfahrung und steigt im Rang auf. Derzeit ist der höchste Rang „Captain“ und den erreicht ihr nach rund 20 Stunden. Danach fehlt es an Belohnungen. Da würde eine Statistikseite mit der Anzahl zerstörter Schiffe, abgefeuerter Photonentorpedos, geretteter Besatzungsmitglieder, Zeit als Captain etc. schon viel helfen. Oder ein Sterne-Ranking pro Mission pro Brückenposition. („Ich muss diese Mission noch mit fünf Sternen als Steuermann schaffen.“) Irgendwie scheint es, als hätte Ubisoft im Innovationsrausch auf die bewährten Basics vergessen.

Und was den Umfang angeht: Der geht schon in Ordnung. Für den Anfang. Früher oder später sollte Ubisoft aber neuen Content nachliefern. Zumal das Spiel hier immenses Potenzial bietet. Ein Klingonen-DLC inklusive Missionen für zwei oder mehr spielergesteuerte Schiffe – wie geil wäre das denn? Ich stelle mir das spektakulär vor: Trifft ein Klingonenkreuzer auf ein Föderationsschiff und die jeweiligen Captains kommunizieren über den Hauptschirm miteinander…

Aber auch in der aktuellen Form ist Star Trek: Bridge Crew ein Hit. Für Star-Trek-Fans mit PSVR, Vive oder Rift ist das Teil ein Blindkauf. Und VR-Kritiker, die das Medium schlechtreden – gerne mal, ohne es jemals ausprobiert zu haben – mögen bitte Bridge Crew spielen, oder für immer schweigen.

Update, 4. Jänner 2019

Mittlerweile hat das Spiel schon seine erste Erweitung im TNG-Universum bekommen. Ubisoft hat das Game also nicht vergessen, wie von den Fans zwischenzeitlich befürchtet. Die Spielerbasis ist trotzdem gegenüber den Anfangswochen geschrumpft. Mittlerweile wartet man in der Lobby lange und mitunter vergeblich auf Zufalls-Crew-Mitglieder.

Trotzdem: Star Trek: Bridge Crew ist nach wie vor die wahrscheinlich großartigste VR-Erfahrung auf dem Markt und hat sich seinen Platz in unserer Liste der besten Spiele für Oculus Rift verdient. Wer Freunde mit VR-Headset im Bekanntenkreis hat, wird sich allerdings leichter tun, Mitspieler zu finden.

Hier gehts zu Star Trek Bridge Crew auf Steam, im Oculus Store und im PlayStation Store

Überblick der Rezensionen
Das Fazit
Nach 16 Jahren E-MEDIA bloggt Manfred Huber jetzt über die Technik-Themen, die ihm am meisten Spaß machen – und das ist momentan alles rund um Virtual Reality.
star-trek-bridge-crew-das-ultimative-vr-game-im-langzeit-testStar Trek: Bridge Crew ist die VR-Killer-Applikation, auf die alle gewartet haben. Gemeinsam mit drei Mitspielern ein Sternenflottenschiff steuern – unbezahlbar! Großartig auch, dass PS4- und PC-Spieler plattformübergreifend miteinander spielen dürfen. Da sieht man auch über die überschaubare Anzahl an Missionen hinweg, zumal der Content trotzdem für 20 Stunden Spielzeit gut ist und es oben drauf mittlerweile ja auch den DLC gibt.